26. Juni 2002

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Tibetische Nonne und politische Gefangene Ngawang Choezom entlassen

Die Nonne Ngawang Choezom wurde 9 Monate vor dem Ende ihrer Haftstrafe aus dem Drapchi Gefängnis entlassen. Ngawang Choezom war eine der 14 Nonnen, die wegen der Aufzeichnung von Freiheits-Liedern auf eine Ton-Cassette im Gefängnis im Juni 1993 mit einer Verlängerung ihrer Strafe bestraft wurden. Sie gehörte auch zu denjenigen, die auf die Proteste vom Mai 1998 in Drapchi hin besonders brutaler Behandlung unterzogen wurden. Ihre Entlassung am 21. Juni erfolgte (auf diejenige) nach der dreier anderer der "singenden Nonnen von Drapchi", nämlich Gyaltsen Drolkar, Ngawang Choekyi und Tenzin Thubten (s. TIN News vom 20. Febr. 1994: "Haftstrafe einer Nonne wegen eines Liedes auf 17 Jahre erhöht", www.tibetinfo.net/news-updates/nu200294.htm).

Ngawang Choezom, auch als Pasang Lhamo (Laienname) und Awang Quzong (chin.) bekannt, stammt aus dem Kloster Chubsang im Kreis Toelung Dechen, etwa 50 km westlich von Lhasa; sie wurde am 21. März 1992 im Alter von 22 Jahren festgenommen, weil sie an einer Demonstration teilgenommen hatte. Am 4. September desselben Jahres wurde sie von dem Mittleren Volksgericht Lhasa wegen "subversiver Aktivitäten" zu 5 Jahren Haft verurteilt. Zuerst war sie in der Gutsa Haftanstalt des PSB (Public Security Bureau) in Lhasa inhaftiert, wurde dann jedoch in das Drapchi Gefängnis (Gefängnis No. 1 der Autonomen Region Tibet) transferiert.

Im Juni 1993 nahm Ngawang Choezom zusammen mit sieben anderen ebenfalls in Drapchi inhaftierten Nonnen insgeheim Lieder auf eine Ton-Cassette auf, in denen sie in poetischen Metaphern Freiheit, Unabhängigkeit und ihre Betrübnis, daß Tibet an China verloren ging, besangen. Die Cassette konnte aus dem Gefängnis geschmuggelt werden; als die Gefängnisleitung jedoch herausfand, was die Nonnen getan hatten, wurden alle beteiligten schwer bestraft und ihre auf 3 bis 7 Jahre lautenden Haftstrafen um 5 bis 9 Jahre verlängert. Ngawang Choezoms Urteil wurde von 5 auf 11 Jahre Haft abgeändert, weshalb sie eigentlich am 21. März 2003 entlassen werden sollte.

Nach den Protesten vom Mai 1998 im Drapchi Gefängnis (TIN News vom 15. Dez. 1999 und 14. Juni 2002) wurde Ngawang Choezom bei den Verhören brutal geschlagen und mehrmals für längere Zeiträume in Einzelhaft genommen. Es heißt, daß sie ebenso wie Ngawang Sangdrol besonders schwer bestraft wurde. Wie andere der Beteiligung an den Protesten beschuldigte Nonnen durfte auch Ngawang Choezom ab Mai 1998 keine Besuche mehr bekommen.

Die chinesischen Behörden bestätigten Ngawang Choezoms Entlassung, ohne jedoch eine Erklärung dafür abzugeben. Es ist daher anzunehmen, daß sie entweder aus medizinischen Gründen entlassen wurde oder weil sie Anzeichen von "Reue" gezeigt hat, und daher ihre Strafe vermindert wurde. Ngawang Choezom gehört zu einer Reihe prominenter tibetischer politischer Gefangener, die in letzter Zeit vor dem Ablauf ihrer Haftstrafe entlassen wurden.

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